Chronik und Geschichte Gut Godderstorf

und der Familie Krause (Text Henrik Neumann und Christian Krause, Juli 2017

 

15. Jhd. – Anfang des Jahrhunderts erste Erwähnung Goddersdorfs

17. Jhd. – Im Zuge des „Bauernlegens“ werden immer mehr freie Bauern und deren Höfe und Dörfer den adeligen Gütern zugeschlagen. Der Siggener Meierhof Goddersdorf wird Ende des Jahrhunderts aus drei deutschen und drei slawischen Hufen in Goddersdorf und Michaelsdorf gebildet.
Das erste Herrenhaus (heutiges Torhaus) auf Godderstorf wird 1680 gebaut.

18. Jhd. – Die letzten freien Hufe der Gegend werden „gelegt“. Im Jahr 1735 wird die große Gutsscheune auf Goddersdorf gebaut.
Der Reichsgraf Ernst August von Bülow, dem außer Gut Siggen noch eine beachtliche Zahl bedeutender Güter in der Gegend gehörte, darunter auch Löhrstorf, Satjewitz und etliche andere, fasste in der Mitte des Jahrhunderts eine besondere Zuneigung zu Goddersdorf:
„Er residierte mal hier mal dort. Am liebste wohnte er anscheinend in Goddersdorf. Ja, er baute sich sogar noch einen neuen Wohnplatz.“

1756 – Goddersdorf wird auf Betreiben des Reichsgrafen Ernst August von Bülow aus dem Gut Siggen ausgegliedert und eigenständiges Gut.
Der erste Goddersdorfer Gutsherr wird der Patensohn des Reichsgrafen, Ernst August Lassen.

1778 – Ernst August Lassen auf Goddersdorf kauft das Gut Siggen vom Baron F.U. von Bülow.

1783 – Gut Goddersdorf wird an Wulf Hinrich von Thienen verkauft.

1800 – Christian Heinrich August Graf von Hardenberg-Reventlov erbt das Gut.

1842 – Ida, Gräfin von Holck-Hardenberg-Reventlov verkauft Goddersdorf an Herrn D.W. Völkers. Die Erbherren Völkers besitzen Godderstorf bis 1932.
Der wirtschaftliche Zustand des Gutes zum Zeitpunkt der Übernahme durch die Familie Völkers ist durch die „Topographie Holstein 1841“ bis hin zur Steuerlast bestens dokumentiert.
Das Gut Goddersdorf umfasste die Dörfer Oelendorf (mit Ostermade) und Michealsdorf sowie die direkt vom Haupthof bewirtschafteten Flächen.
Bei einer Gesamtfläche von ca. 490 ha bewirtschaftete das Gut 250 ha Ackerfläche direkt, der Rest war Wiese, Torf etc. oder an die Dörfler verpachtet. Es lebten 237 Einwohner auf Gut und Dörfern.


In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts müssen die Dörfer Oelendorf und Michaelsdorf dann aufgesiedelt worden sein, es entstanden zahlreiche bäuerliche Betriebe und das Gut verlor einige Flächen, insbesondere die Schläge bis zur Goddersdorfer Au von Oelendorf bis Ostermade und im Bereich Michaelsdorf.

1880 – Das heutige Gutshaus wird von der Familie Völkers gebaut. Dazu wurde die bestehende Gutsanlage „auf der Achse gespiegelt“ und das alte Gutshaus (vgl. Lithographie von 1850) zum Torhaus umgebaut

 

Unklar bleibt, wann sich das „t“ in den Namen Goddersdorf eingeschlichen hat. Es muss im späten 19. Jahrhundert gewesen sein. Eine Möglichkeit ist, dass die Herren auf Goddersdorf, die sehr auf die Gleichberechtigung des Gutes gegenüber den größeren Nachbarn in der Gegend bedacht waren, dies irgendwann einführten, um den Gutsnamen den anderen Gütern der Region anzupassen (Löhrstorf, Claustorf, Ehlerstorf etc.).
Wahrscheinlich ist aber, dass die Schreibweise einfach dem Zeitgeist folgte, denn auch Löhrstorf findet sich in der hier verwendeten Literatur gelegentlich mit „d“ geschrieben.

 

1932 – Die aus drei Schwestern bestehende Erbengemeinschaft der Familie Völkers verkauft das Gut an Professor Hans Draeger und seine Frau Lotte Draeger, deren Nachfahren das Gut noch heute besitzen. Hans Draeger war bis zu einer schweren Kriegsverletzung im ersten Weltkrieg Professor für Landwirtschaft in Jena. Vor dem Erwerb von Gut Godderstorf hatte er dann einen Betrieb in Sebent bei Oldenburg i.H. gepachtet und betrieb Saatgutzucht. Charlotte „Lotte“ Draeger geb. Bormann stammte aus einer Bremerhavener Industriellenfamilie, die erfolgreich im Schiffsbau tätig war und unter anderem Kriegsschiffe für die Kaiserliche Marine gebaut hat.
Professor Draeger verstarb sehr früh und Lotte Draeger führte das Gut für viele Jahre - und auch während des zweiten Weltkriegs – alleine. Dabei wirtschaftete sie sehr erfolgreich, konnte das Gut konsolidieren und auch den letzten fehlenden Erbteil erwerben. Diese Leistung ist auch deshalb bemerkenswert, weil das Bürgerliche Gesetzbuch zu dieser Zeit noch zahlreiche rechtliche Beschränkungen für die Teilnahme von Frauen am Geschäftsverkehr enthielt.
Die Draegers hatten drei Kinder: Geert, Inge und Else. Der Sohn und designierte Erbe des Gutes Geert Draeger fiel im zweiten Weltkrieg.

1952 – Teilung des Gutes zwischen den Schwestern Inge und Else Draeger, da „nur“ zwei weichende Erben verblieben waren und auch eine Aufsiedelung der Güter durch das Land Schleswig-Holstein im Raum stand.

Inge Draeger heiratete später den Diplomlandwirt Horst Krause, Else Draeger heiratete den Professor der Medizin Hans-Joachim Staemmler.

Die Teilung führte nicht nur zu einer Aufteilung der Ländereien, sondern auch zu einer Teilung des Gutshauses und des Betriebsgeländes mit teils merkwürdigen Ergebnissen. So befindet sich am Gutshaus noch immer einer Kerbe, an der die „Demarkationslinie“ zu erkennen ist. Auch die einzelnen Wirtschaftsgebäude des Hofes waren aufgeteilt, was nicht immer zweckmäßig war.

Während die Familie Krause Ackerbau und Milchviehhaltung betrieb (Inge Krause geb. Draeger hatte den Kuhstall geerbt), betrieb die Familie Staemmler Ackerbau und Schweinehaltung.
Die Familie Staemmler hatte ihre Betriebshälfte anfänglich selbst bewirtschaftet – auch Professor Staemmler hatte eine landwirtschaftliche Ausbildung –, verpachtete ihre Teilbetrieb aber Anfang der 50’er Jahre für einen längeren Zeitraum bis 1965 an die Familie von Oertzen, die in dieser Zeit auch auf dem Gut lebte.

1950 wurde Uta Krause (heute verh. Priebe, Doktor der Ökotrophologie) geboren. Im Jahr 1952 folgte Hans-Jürgen Krause (heute Doktor der Biologie). 1954 folgte Mathias Krause (Landwirtschaftsmeister), der das Gut später übernahm.

Die Familie Staemmler bekam die Söhne Geert (später Dipl.-Forstwirt und Imkermeister), Martin (später Dipl.-Agraringenieur) und Wulf (später Dr. med.).

ab 1960 Erste Camper fingen an, an den Rändern der an der Ostsee gelegenen Felder zu zelten. Was zunächst mit improvisierter Wasserversorgung geduldet wurde, führte im Laufe der Jahre zur Gründung des Campingplatzes „Hohes Ufer“.
Auf Flächen der Krauses direkt an der Ostsee, die bei der Teilung des Gutes zunächst niemand haben wollte - die Bodenqualität nimmt in Strandnähe leicht ab – entstand dabei über die Jahre ein beliebter Campingplatz.
1965 übernimmt Martin Staemmler den Betriebsteil seines Familienzweiges.

ab 1970 Der Teilbetrieb der Krauses schafft die Milchvieh- und Rinderwirtschaft ganz ab und konzentriert sich auf Ackerbau und Tourismus, die Ackerflächen werden von Horst Krause durch Zukäufe in der näheren Umgebung erheblich erweitert.
Auf der anderen Seite forciert Martin Staemmler die Schweinewirtschaft. 1976 wird ein neuer Maststall – der „Poroton-Stall“ – gebaut. Ein altes Speicher-gebäude wird nach behelfsmäßigen Umbauten ebenfalls als Maststall betrieben.

ab 1980 Mathias Krause übernimmt den Teilbetrieb der Krauses - zunächst in Pacht - und bewirtschaftet sowohl den Hof als auch den Campingplatz.

Im Jahr 1985 erweitert Martin Staemmler die Schweinewirtschaft durch den Bau einer modernen Mastanlage mit zwei weiteren Ställen und einer zentralen Futterbereitung für alle vier Ställe.
Es werden in großem Stil Hybridschweine gezüchtet und Schweine gemästet. Auf Godderstorf werden zu diesem Zeitpunkt mehrere tausend (!) Schweine gehalten.
Aufgrund des Verfalls der Schweinepreise Ende der 80’er Jahre geht der Wirtschaftsplan für diesen Betriebszweig jedoch nicht auf. Der Teilbetrieb der Familie Staemmler gerät angesichts der hohen Investitionskosten für die riesige Mastanlage in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

 

ab 1990 Am 07.09.1990 heiraten Mathias und Anja Krause (geb. Liebe), Anja Krause arbeitet seitdem in der Führung des Betriebes mit.

Im Jahr 1992 ist der von Martin Staemmler geführte Teilbetrieb insolvent. Die Familie Krause kauft den Hofteil der Staemmlers.

Gut Godderstorf ist nun wieder in einer Hand vereint.

Zur Kostendeckung der „Wiedervereinigung“ muss die eigentlich ungeliebte Schweinemast durch die Familie Krause vorerst weitergeführt werden.
Die Schweinehaltung im umgebauten Speichergebäude und im „Porotonstall“ wird jedoch im Laufe der Jahre eingestellt.

ab 2000 Die Schweinemast wird zunächst verpachtet und im Jahre 2007 ganz aufgeben.
2001 zieht sich Mathias Krause aus wirtschaftlichen Gründen aus der aktiven Landwirtschaft zurück. Die Ackerflächen werden in Lohnbewirtschaftung durch das benachbarte Gut Satjewitz unter Sophus Theophile gegeben, bis der älteste Sohn Christian Krause die Bewirtschaftung wieder selbst übernehmen kann.
Die Familie Krause konzentriert sich ganz auf den Fremdenverkehr, der Campingplatz wird modernisiert und erweitert, die Ferienhäuser und Wohnungen renoviert und modernisiert. Die moderne Maschinenhalle wird zur Reithalle umgebaut und die historische Gutsscheune von 1735 aufwändig restauriert. Das von Anja Krause entwickelte Freizeit- und Betreuungskonzept für Kinder und Erwachsene auf Gut und Campingplatz wird sehr erfolgreich umgesetzt und macht das Gut zum beliebten Ausflugsziel für viele Urlauber der Gegend.

ab 2010 Das Gut Godderstorf ist unter Führung von Mathias und Anja Krause wirtschaftlich saniert.
Im Jahr 2014 wird die aufwändige Restaurierung des denkmalgeschützten Torhauses (bis 1880 altes Herrenhaus) begonnen.

Ab 2018 Christian Krause (Agrarbetriebswirt und Landmaschinenmechatroniker) übernimmt den Gesamtbetrieb von seinem Vater.